Supply-Chain-Planung wird zunehmend durch Faktoren wie globale Unsicherheiten, volatile Märkte und immer komplexere Lieferketten erschwert. Nur die Unternehmen, die auf Veränderungen schnell und flexibel reagieren, bleiben nachhaltig erfolgreich. Genau an dieser Stelle kann künstliche Intelligenz eine enorme Unterstützung sein: Sie hilft Planenden Herausforderungen proaktiv anzugehen und Lösungen vorzubereiten. In SAP Integrated Business Planning (SAP IBP) ist KI ein integrativer Bestandteil und ein wichtiger Faktor für für die Zukunftsfähigkeit Ihrer Supply-Chain-Planung.
In diesem Blogbeitrag stelle ich Ihnen fünf konkrete Szenarien vor, wie KI bereits heute in SAP IBP Anwendung findet und welchen Nutzen Sie für Ihr Unternehmen daraus ziehen können.
KI-Szenario 1: Intelligente Stammdatenpflege und automatische Korrekturvorschläge
Fehlerhafte oder inkonsistente Stammdaten gehören zu den häufigsten Ursachen für Planungsprobleme. Diese Fehler fallen allerdings oft erst dann auf, wenn sie bereits zu Fehlentscheidungen geführt haben. Während Stammdatenpflege im traditionellen Sinne mühsame manuelle Arbeit und reaktive Fehlerbehebung bedeutet, nutzt SAP IBP Machine Learning-Algorithmen, um Muster in Ihren Stammdaten zu erkennen und Anomalien automatisch zu identifizieren. Das System lernt kontinuierlich aus historischen Daten und erkennt Unregelmäßigkeiten, die menschlichen Augen entgehen würden.
Beispiel: Ein Automobilhersteller hat Tausende von Teilenummern mit unterschiedlichen Lieferzeiten. Die KI erkennt, dass ein bestimmtes Bauteil plötzlich eine Lieferzeit von 200 Tagen statt der üblichen 20 Tage aufweist – ein klarer Indikator für einen Dateneingabefehler. Das System schlägt automatisch eine Korrektur vor und lernt aus dieser Situation für zukünftige ähnliche Fälle.
KI-Szenario 2: Intelligente Nachfrageprognosen unter Berücksichtigung von externen Signalen
Die Nachfrageplanung ist oft eine Herausforderung, da sowohl kurzfristige Nachfragespitzen als auch saisonale Schwankungen rechtzeitig erkannt und präzise geplant werden müssen. Klassische Prognosemodelle stoßen hier schnell an ihre Grenzen, da sie meist auf historischen Daten basieren und nicht in der Lage sind, kurzfristige Veränderungen oder aktuelle Faktoren wie Wetter, Markttrends oder wirtschaftliche Schwankungen adäquat zu berücksichtigen. SAP IBP nutzt KI-basierte Prognoseverfahren, die weit über einfache Trendanalysen hinausgehen. Auch hier kommt Machine Learning zum Einsatz. Sowohl kurzfristige als auch langfristige Nachfrageentwicklungen werden unter Einbeziehung externer Datenquellen wie Wetterdaten, Social-Media-Trends oder makroökonomischen Indikatoren erfasst.
Beispiel: Ein Konsumgüterhersteller beobachtet während einer Hitzewelle einen ungewöhnlich starken Anstieg beim Absatz von Kaltgetränken. Das System erkennt, dass dieser Anstieg durch externe Wettersignale getrieben wurde und nicht zwangsläufig auf eine dauerhafte Trendänderung hinweist. Entsprechend wird die Prognose für zukünftige Perioden angepasst, ohne die kurzzeitige Spitze zu überschätzen.
KI-Szenario 3: KI-gestützte Bestandsoptimierung unter Berücksichtigung von Unsicherheit
„So wenig Lager wie möglich, aber so viel wie nötig“. Die Bestandsplanung ist ein Balanceakt zwischen Verfügbarkeit und Kosten. Zu viel Bestand bindet Kapital, zu wenig führt zu Lieferengpässen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich Lieferzeiten und Nachfrageunsicherheiten ständig ändern. Mit SAP IBP werden Bestände dynamisch optimiert, wobei Unsicherheiten in Prognosen und Lieferzeiten berücksichtigt werden. Statt fester Sicherheitsbestände erstellt das System flexible und intelligente Strategien, die sich laufend an veränderte Bedingungen anpassen.
Beispiel: Eine Unsicherheit bei der Wiederbeschaffungszeit eines Produkts – bedingt durch neue Zollvorgaben – fließt automatisch in die Bestandsberechnung ein. Das System empfiehlt daraufhin eine temporäre Erhöhung des Sicherheitsbestands.
KI-Szenario 4: Automatisiertes Erkennen und Korrigieren von Ausreißern in Daten
In der Praxis sind Planungsdaten selten perfekt: Falsche Stammdaten, manuelle Eingabefehler oder unplausible Verkaufszahlen sorgen schnell für Verzerrungen. SAP IBP geht hier proaktiv vor: Das System erkennt automatisch Ausreißer in den historischen Daten, zum Beispiel durch pandemiebedingte Nachfragespitzen, und macht intelligente Vorschläge zur Datenbereinigung. So wird mittels KI der manuelle Aufwand der Datenpflege deutlich reduziert und die Prognosequalität um ein Vielfaches verbessert.
Beispiel: Ein Kosmetikunternehmen bemerkt plötzlich extrem hohe Forecastwerte für eine Pflegelinie im asiatischen Markt. SAP IBP erkennt den Sprung als statistischen Ausreißer, ausgelöst durch einen einmaligen Großauftrag im Vorjahr. Statt diesen Wert unreflektiert fortzuschreiben, entfernt das System den Ausreißer automatisiert und erstellt eine realistische, bereinigte Prognose. So wird eine Fehlallokation von Produktionskapazitäten verhindert.
KI-Szenario 5: Generative KI für Supply-Chain-Planung: SAP Joule als dialogbasierter Copilot
Mit SAP Joule und generativer KI hält eine neue Arbeitsweise Einzug in die tägliche Planung. Nutzende interagieren mit SAP IBP in natürlicher Sprache – sei es über das Excel-Add-in oder direkt im Planner Workspace. Dabei enthält Joule informative, navigierende und transaktionale Komponenten.
Die informativen und navigierenden Funktionen, wie das Abrufen von Kontextinformationen, Definitionen und Hilfestellungen stehen bereits zur Verfügung. Auch erste transaktionale Funktionen sind mit dem neusten Release nutzbar: So können beispielsweise via Joule Jobs gestartet oder Inkonsistenzen in den Stammdaten mithilfe des Master Data Health Check identifiziert werden. Diese Funktionen gehören zur Base AI und sind für alle Joule-Nutzende ohne zusätzliche Lizenz verfügbar.
Mit dem aktuellen Release erhalten Early Adopters im Rahmen des lizenzierbaren Premium AI Zugang zu weiteren leistungsstarken transaktionalen Funktionen. Dazu zählen unter anderem:
- Formel- und Formatierungsassistent im Excel Add-in: Mit natürlicher Sprache lassen sich Formeln erstellen und bedingte Formatierungen definieren – einfach und schnell.
- AI-assisted Forecast Results Analysis: Diese Funktion erklärt verständlich, welcher Algorithmus für eine Prognose gewählt wurde und warum. Zudem gibt sie Empfehlungen zur Verbesserung der Forecast-Genauigkeit und erläutert die verwendeten Parameter der einzelnen Algorithmen.
- AI-assisted Inventory Optimization Analysis: Nutzende erhalten eine transparente Begründung dafür, wie und warum ein bestimmter Sicherheitsbestand für eine konkrete Kombination und Periode berechnet wurde.
Der Vorteil: Eine intuitive, dialogbasierte Nutzererfahrung, die das Know-how der Planende nicht ersetzt, sondern ergänzt und beschleunigt.
Fazit: Mit KI in SAP IBP zur resilienten und zukunftsfähigen Supply-Chain-Planung
SAP verfolgt einen schrittweisen Ansatz, der es Unternehmen ermöglicht, nach und nach in die KI-gestützte Planung einzusteigen.
Die Botschaft ist klar: Die Zukunft der Supply Chain-Planung ist intelligent, proaktiv und menschenzentriert. KI soll nicht den menschlichen Planer ersetzen, sondern ihn zu intelligenten strategischen Entscheidungen befähigen.
Unternehmen, die heute mit der KI-Transformation beginnen, werden morgen die Gewinner in einem zunehmend komplexen und volatilen Marktumfeld sein. Die Frage ist nämlich nicht, ob KI die Supply Chain-Planung transformieren wird, sondern wie schnell Sie bereit sind, diese Transformation zu gestalten.