Unternehmen, die den Wechsel von SAP ECC auf SAP S/4HANA im Sinne einer Lean Conversion schnell und risikoarm vollziehen wollen, um eine Plattform für zukünftige Innovationen zu haben, sollten zunächst nur die gemäß der Simplification List erforderlichen Vereinfachungen und Anpassungen durchführen. Dazu zählt auch, dass sie ihre Eigenentwicklungen, den Custom Code, vor der Migration auf ihre Kompatibilität mit SAP S/4HANA prüfen und an das neue Datenmodell anpassen, sprich die „SAP-S/4HANA-Readiness“ herstellen. Laut einer Umfrage des IT-Onlinemagazins halten aber 56 Prozent der SAP-Kunden den Umfang ihres Custom Code und dessen Anpassung an neue Datenmodelle und Zugriffslogiken für die größte Herausforderung beim Umstieg auf SAP S/4HANA.
Das muss nicht so sein. Mit einem strukturierten Vorgehen und dem Einsatz von SAP-Tools wie dem ABAP Call Monitor, demABAP Test Cockpit (ATC), der SAP-Fiori-App Custom Code Migration und Quick Fixes aus den ABAP Development Tools (ADT) for Eclipse geht die Anpassung zügig und sicher über die Bühne.
Drei Schritte für eine zügige Custom Code Anpassung
Schritt 1 – Nutzungsdaten sammeln und aggregieren
Bereits im Vorfeld der Konversion sollte mithilfe des ABAP Call Monitor (SCMON) erfasst werden (mindestens sechs, laut SAP-Empfehlung sogar 13 Monate lang), wie häufig die einzelnen Custom-Code-Objekte in SAP ECC ausgeführt werden. Die Nutzungsdaten geben Aufschluss darüber, welche Codes gelöscht werden können, weil sie nicht (mehr) genutzt werden, und bei welchen eine Anpassung erforderlich ist. Dabei gilt: je länger das Monitoring, desto aussagekräftiger. Die so gesammelten Daten werden mit der SUSG-Transaktion aus dem ABAP Call Monitor aggregiert.
Schritt 2 – zentrales Prüfsystem einrichten
Als Nächstes empfiehlt sich die Einrichtung eines zentralen ABAP-Test-Cockpit-Systems, um die Qualität und die „SAP-S/4HANA-Readiness“ der Eigenentwicklungen zu prüfen. Auf diese Weise wird der Umfang der Custom-Code-Anpassungen ermittelt, und man kann grob abschätzen, wie viel Zeit und wie viel IT-Personal dafür benötigt wird. Der Aufwand sollte keinesfalls unterschätzt werden. Bei einem ORBIS-Kunden waren zwei IT-Mitarbeitende rund fünf Wochen damit beschäftigt, 3.000 Custom-Code-Fundstellen (Findings) zu bearbeiten. Bei größeren SAP-Installationen sind auch mehrere Zehntausend solcher Findings keine Seltenheit.
Ein weiteres, in dem Fall lokales, ATC-Prüfsystem für Code-Anpassungen sollte in der Sandbox-Umgebung eingerichtet werden, in der später die Konversion auf SAP S/4HANA durchgeführt wird. Um die für den Wechsel auf SAP S/4HANA erforderlichen Anpassungen frühzeitig zu identifizieren, benötigen beide Prüfsysteme die SAP Simplification Database. Im SAP-Fiori-Launchpad kann optional auch die App Custom Code Migration aktiviert werden. Sie visualisiert das Ergebnis der Code-Prüfung übersichtlich und ermöglicht detaillierte Auswertungen.
Schritt 3 – Code prüfen mit ATC im SAP GUI oder mit Fiori-App
Dann erfolgt die eigentliche Prüfung des Custom Code, und es wird ermittelt, welchen Umfang er bei der Migration hat. Nicht mehr genutzte Eigenentwicklungen – häufig sind das sehr viele – werden im Zuge der Konversion auf SAP S/4HANA in der Sandbox-Umgebung über einen eigens angelegten Transportauftrag mit dem Software Update Manager (SUM) automatisch entfernt, sodass man eine von Altlasten befreite ERP-Suite erhält.
Die Prüfung kann wahlweise im ABAP Test Cockpit durchgeführt werden oder in der SAP-Fiori-App Custom Code Migration. Im Folgenden werden die Stärken beider Tools kurz dargestellt.
Die Stärken der ATC-Prüfung im SAP GUI und der Code-Prüfung mit Fiori-App im Überblick
1. ATC-Prüfung im SAP GUI
Mit demATC lassen sich genau die SAP-Objekte auswählen, die tatsächlich geprüft werden sollen. Die Prüfung selbst erfolgt mit der Transaktion SE80. Der Fortschritt des Prüflaufs und das Ergebnis werden im SAP GUI anzeigt. Die Auswertung findet im ATC Result Browser statt, der die zu ändernden Codes und die Priorität ihrer Bearbeitung auf einer Skala von 1 (= hoch) bis 3 (= niedrig) auflistet. Die Bearbeitung wird im ABAP Editor durchgeführt, der die Fundstelle beschreibt und auch Hinweise gibt, zum Beispiel ob eine lange Materialnummer (18 plus 22 zusätzliche Zeichen) auch in das dafür vorgesehene Feld passt.
2. Code-Prüfung mit Fiori-App
Die Code-Prüfung mit SAP Fiori setzt ein zentrales ATC-System voraus und ein Prüflauf mit SAP Fiori kann nur auf alle SAP-Objekte ausgeführt werden, die auf SAP S/4HANA migriert werden. Die App stellt das Ergebnis, das auch in SE80 verfügbar ist, übersichtlich dar und bietet zahlreiche Filter- und Navigationsmöglichkeiten, mit der es sich bis auf die gewünschte Detailtiefe verfeinern lässt.
Die App unterstützt die Code-Anpassungen aber auch mit sogenannten Quick-Fixes-Plugin aus den ABAP Development Tools (ADT) in Eclipse, die für ausgewählte Fälle semi-automatisiert mit wenigen Mausklicks durchgeführt werden können. Das reduziert den manuellen Aufwand für die Code-Bearbeitung deutlich – ein klarer Mehrwert. Quick Fixes sind unter anderem verfügbar zum Ergänzen des Order-by beim Select, für die Materialnummer- und Betragsfeldlänge oder für das SAP-S/4HANA-Datenmodell, bei dem bestimmte Tabellen wie KONV (Vorgangsdaten), VBUK/VBUP (Vertriebsbeleg) oder BSEG (Belegsegment Buchhaltung) wegfallen.
Generell gilt: Die Custom-Code-Prüfung im ATC geht deutlich performanter vonstatten als in der Fiori-App, darüber hinaus entfällt die Notwendigkeit einer Installation von Eclipse. Im ATC lassen sich anders als in der App auch die SAP-Objekte auswählen, die man prüfen will. Umgekehrt stellt das ATC keine Hinweise auf Quick Fixes zur Verfügung, und auch ein Scoping, also das automatische Festlegen des Umfangs der Code-Conversion abhängig von ihrer Verwendung, ist mit der Transaktion SE80 nicht möglich. Es hängt also von den individuellen Anforderungen ab, für welches Tool man sich entscheidet.
Fazit
SAP stellt eine Reihe von Werkzeugen zur Verfügung, um die Custom-Code-Prüfung vorzubereiten, durchzuführen und den geprüften Custom Code effizient anzupassen. Passende Tools um den Custom Code SAP S/4HANA ready zu machen sind ATC, SE80, Fiori-App und Quick Fixes. Dadurch kann das vorhandene SAP-ECC-System bereits durch einfache Anpassungen am Coding S/4HANA-ready gemacht werden. Die eigentliche Code Conversion erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt in der S/4HANA-Sandbox, da erst hier die eigentlichen Simplifications behandelt werden können.
Dazu ist es unerlässlich, dass die internen SAP-Entwickler von Beginn an in das Projekt eingebunden sind, denn sie verfügen über das nötige Wissen in Bezug auf Eigenentwicklungen, Altlasten oder Einmalprogramme. Sie sollten zudem durch Schulungen die Möglichkeit erhalten, Know-how in den Bereichen Eclipse-Umgebung und ADT zu erwerben und sich mit den neusten SAP-Technologien (CDS Views, OpenSQL) vertraut zu machen.